Warum benutzt man einen Verbissschutz im Wald?

Die jungen Triebe vieler Baumarten sind eine begehrte Nahrungsquelle für Rehe, Hirsche und andere Wildtiere. Das klingt zunächst nach einem natürlichen Kreislauf, doch ein übermäßiger Wildverbiss kann große Schäden anrichten und die Verjüngung des Waldes erheblich gefährden. Um diesen Problemen vorzubeugen, kommt der sogenannte Verbissschutz zum Einsatz. Doch was genau ist das, warum ist er so wichtig, und welche Methoden gibt es?
Was ist Verbiss und warum ist er problematisch?
Verbiss bezeichnet das Abfressen junger Triebe und Knospen durch Wildtiere wie Rehe, Hirsche, Gämse oder Hasen. Während leichter Verbiss zur natürlichen Regulierung gehört, kann übermäßiger Verbiss das Wachstum junger Bäume verhindern. Dies ist besonders kritisch bei wertvollen Laubbaumarten wie Eichen, Buchen oder Douglasien, die ohnehin langsamer wachsen als Fichten.
Welche Folgen hat übermäßiger Verbiss?
- Behinderung der natürlichen Verjüngung: Junge Bäume sterben ab, bevor sie groß genug sind, um sich zu behaupten.
- Artenverlust: Verbissanfällige Baumarten wie Eichen oder Edellaubbäume werden stark zurückgedrängt, während robustere Arten wie Fichten dominieren.
- Monokulturen und Instabilität: Ohne gezielten Schutz entsteht ein Ungleichgewicht, das langfristig die Vielfalt und Stabilität des Waldes bedroht.
Beispiel: In Regionen mit hohen Wildbeständen schaffen es nur etwa 10 % der Eichen und Buchen, die kritische Höhe von 1,50 m zu erreichen – eine Größe, bei der die Triebe außer Reichweite des Wildes sind.
Warum ist Verbissschutz wichtig?
Ein wirksamer Verbissschutz hilft, die natürliche Verjüngung des Waldes zu sichern und bedrohte Baumarten zu fördern. Besonders bei Aufforstungsprojekten oder in Wäldern, die sich nach Stürmen oder Schädlingsbefall erholen müssen, ist er unverzichtbar.
Vorteile des Verbissschutzes
- Förderung der Artenvielfalt: Verbissschutz ermöglicht es Laubbäumen, neben Fichten und Kiefern zu wachsen, und sorgt so für stabilere Mischwälder.
- Erhalt seltener Baumarten: Edellaubhölzer wie Elsbeeren, Wildkirschen oder Eschen haben nur eine Chance, wenn sie vor Wildverbiss geschützt werden.
- Schnellerer Waldaufbau: Durch Schutzmaßnahmen wächst der Wald schneller und gleichmäßiger.
Welche Methoden des Verbissschutzes gibt es?
1. Mechanischer Schutz
Hierbei werden physische Barrieren errichtet, um die jungen Bäume vor Verbiss zu bewahren.
- Einzelschutzgitter: Metall- oder Kunststoffgitter um einzelne Bäume. Ideal für seltene Baumarten oder kleine Aufforstungen.
- Schutzspiralen: Kunststoffspiralen, die direkt um den Stamm gewickelt werden. Besonders bei jungen Laubbäumen beliebt.
- Zäune: Für größere Flächen kommen Wildschutzzäune zum Einsatz, die das Wild komplett fernhalten.
Vorteil: Sofortiger Schutz vor Wildverbiss.
Nachteil: Hoher Aufwand und Kosten, vor allem bei großflächigen Projekten.
2. Chemischer Schutz
Bei dieser Methode werden die jungen Triebe mit einem geruchs- oder geschmacksabschreckenden Mittel behandelt.
- Diese Mittel bestehen meist aus natürlichen Substanzen, die das Wild nicht schädigen, aber fernhalten.
- Nachteil: Die Wirkung hält nur wenige Monate an und muss regelmäßig erneuert werden.
3. Jagdliche Regulierung
Eine nachhaltige Bejagung des Wildes kann langfristig helfen, die Wildbestände in einem Gleichgewicht zu halten, das der natürlichen Verjüngung des Waldes zuträglich ist.
- Ziel: Weniger Wild bedeutet weniger Verbiss und bessere Bedingungen für junge Bäume.
Praxisbeispiel: Verbissschutz in einem Eichenwald
In einem Eichenaufforstungsprojekt im Spessart wurde ein kombinierter Verbissschutz eingesetzt. Seltene Baumarten wie Eichen, Elsbeeren und Wildkirschen wurden mit Einzelschutzgittern versehen, während die gesamte Fläche zusätzlich von einem Wildschutzzaun umgeben wurde.
Ergebnis nach fünf Jahren:
- Die Überlebensrate der jungen Eichen lag bei über 85 % – deutlich höher als in benachbarten Flächen ohne Schutz.
- Durch die Kombination von mechanischem Schutz und gezielter Jagdregulierung konnte sich ein stabiler Mischwald entwickeln.
Fazit: Ein kleiner Aufwand mit großer Wirkung
Verbissschutz ist eine wichtige Maßnahme, um unsere Wälder langfristig zu erhalten und ihre natürliche Verjüngung zu sichern. Besonders in Zeiten des Klimawandels und hoher Wildbestände ist es entscheidend, jungen Bäumen eine echte Chance zu geben.
Ob mechanische Schutzmaßnahmen, chemische Mittel oder eine nachhaltige Jagd – der richtige Verbissschutz sorgt dafür, dass unsere Wälder artenreich und stabil bleiben. Denn ohne Schutz wird die nächste Waldgeneration möglicherweise nie die Chance bekommen, groß zu werden. 🌱🌳